BGH entscheidet erstmals über Lehman-Zertifikate – zum Nachteil der Anleger

Die Urteile haben aber wenig Aussagekraft für andere Fälle.

Gestern verhandelte und entschied der BGH in zwei Fällen geschädigter Lehman-Anleger. Dabei handelte es sich um die ersten Urteile des BGH zum Thema Lehman Brothers, leider entschied er zugunsten der beratenden Sparkasse, dass diese ihre Hinweis- und Aufklärungspflichten nicht verletzt habe. Dies ist zwar ein kleiner Rückschlag für geschädigte Anleger, sollte indes nicht überbewertet werden, weil zwei wesentliche Aspekte, um die es in den meisten Klageverfahren wegen Lehman Zertifikaten geht, für die gestrigen Entscheidungen nicht relevant waren.

Der eine Aspekt betrifft die Frage, ab wann über die finanzielle Schieflage von Lehman Brothers hätte aufgeklärt werden müssen. Wenn auch dieser Zeitpunkt mittlerweile von den Gerichten unterschiedlich beurteilt wird, sind bislang noch keine Entscheidungen bekannt, die diesen Zeitpunkt vor Juni 2008 angesetzt haben. Umstritten, aber gut vertretbar ist der Standpunkt, dass bereits ab März 2008, nachdem mit Bear Stearns eine andere große amerikanische Investmentbank in letzter Minute vor der Insolvenz gerettet werden musste, dem Insolvenzrisiko von Lehman Brothers in der Anlageberatung besondere Aufmerksamkeit hätte zuteil werden müssen. Da in den vorliegenden Fällen die Zertifikate im Dezember 2006 bzw. im Oktober 2007 erworben wurden. Über das Bestehen eines generellen, wenn auch zum damaligen Zeitpunkt nur theoretischen, Emittentenrisikos wurden die Anleger nach Feststellung des Berufungsgerichtes aber aufgeklärt. Dies sei zum damaligen Zeitpunkt – so der BGH – aber ausreichend gewesen. Einem darüber hinausgehenden Hinweis, dass die Anlage nicht durch ein Einlagensicherungssystem der Sparkassen gedeckt sei, hätte es nicht bedurft, weil diese keinen zusätzlichen Informationswert gehabt habe. Wenn dem Anleger bewusst war, dass bei Ausfall des Emittenten ein Totalverlustrisiko bestand, bedeutete dies zugleich, dass kein Einlagensicherungssystem greift, weil in Falle des Greifens eines Einlagensicherungssystems kein Totalverlustrisiko bestanden hätte.

Der zweite Aspekt betrifft die Thematik der Rückvergütung. Hier weisen die vorliegenden Fälle eine besondere Konstellation auf, die in den meisten anderen Lehman Fällen nicht einschlägig sein dürfte. Die HASPA hatte nämlich zuvor die Papiere selbst von Lehman Brothers erworben und hat diese sodann auf eigene Rechnung an ihre Kunden weiter veräußert (sog. Festpreisgeschäft). Über die dabei erzielte Gewinnspanne musste laut BGH seitens der HASPA nicht aufgeklärt werden. Nach ständiger Rechtsprechung muss eine Bank beim Verkauf von Eigenprodukten nicht über die damit erzielte Gewinnmarge aufklären, weil den Anlegern bewusst sei, dass die Bank Wertpapiere emittiere, um damit Gewinne zu erzielen. Dies sei im Falle eines Eigen- oder Festpreisgeschäftes nicht anders.

Umgekehrt muss aber eine Bank über von dritter Seite erhaltene Rückvergütungen sehr wohl aufklären, weil hier die Gefahr besteht, dass die Empfehlung des Anlageberaters nicht im ausschließlichen Interesse des Anlegers erfolgt. Da es sich aber vorliegend um eine Gewinnmarge handele seien die Rechtsprechungen zu Rückvergütungen und Innenprovisionen nicht einschlägig, so der BGH.

Eine Aufklärungspflicht darüber, dass es sich bei den Geschäften um Eigen- bzw. Festpreisgeschäfte gehandelt habe, hätte die Sparkasse aber nicht geschuldet. „Die Annahme einer Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft laufe nämlich, wie schon das Berufungsgericht zutreffend angenommen habe, auf die als solche für den Anleger bedeutungslose Information hinaus, dass die Bank ihn über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe.“

Die Urteile des BGH liegen in schriftlicher Form noch nicht vor. Die vollständige Pressemitteilung können Sie hier lesen.

Dachfonds Deutsche Schifffahrt DDS 09 – bereits nach zwei Jahren droht das Aus!

Der von der Feedback Beteiligungsgesellschaft m.b.H. in 2008 angebotene „Dachfonds Deutsche Schifffahrt DDS 09“, der seinerseits in geschlossene Schiffsfonds (sog. Zielfonds) investiert, stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Dieser Dachfonds war ebenfalls in Form einer Beteiligungsgesellschaft und damit als geschlossener Fonds konstruiert. Obwohl die Zeichnungsfrist statt wie geplant zum 31.12.2008 erst ein Jahr später zum 31.12.2009 geschlossen wurde, konnten mit etwas mehr als 13.000.000 EUR gerade einmal 65 % der geplanten 20.000.000 EUR eingeworben werden.

Anleger, die eine Beteiligung gezeichnet haben, sehen sich getäuscht.

Betrugen bereits im Rumpfjahr 2008 die tatsächlichen Mittelzuflüsse aus den Zielfonds gerade mal ein Drittel der prognostizierten Erträge, waren es in 2009 nicht einmal 10 %. Von den 26 im Geschäftsjahr 2009 gehaltenen Zielfonds nahmen nur 6 eine Ausschüttung vor. Der in 2009 erzielte Ertrag reichte nicht einmal aus um die fälligen Zinsen aufzubringen. Bislang konnte dafür die noch vorhandene Liquidität eingesetzt werden. Allerdings strebt die Fondsgesellschaft bereits eine Kapitalerhöhung um 12 % an.

Zahlreiche Anleger suchen daher nach einer Möglichkeit, ihre Beteiligung rückgängig zu machen. Dabei spielt in erster Linie die Beraterhaftung eine wichtige Rolle. Die Beteiligungen wurden in der Regel von Banken- und Sparkassen im Wege der Anlageberatung vertrieben. Im Falle einer solchen Anlageberatung ist die Bank verpflichtet, die von ihr empfohlene Investition mit banküblichem kritischen Sachverstand zu prüfen, ob diese Anlage überhaupt für den Kunden geeignet ist (sog. anlegergerechte Beratung) und den Anleger auf die bestehenden Risiken hinzuweisen (sog. anlage- oder objektgerechte Beratung). Dabei kann sich die Bank nur unter bestimmten Umständen auf die Angaben des Prospektes berufen. Diese Umstände liegen häufig nicht vor, hier bedarf jedoch jeder Einzelfall einer eingehenden Prüfung.

Außerdem haben die Anlageberater in der Regel nicht darauf hingewiesen, dass und vor allem wieviel sie für den Verkauf einer Beteiligung an Provision verdienen. Hierzu sind sie aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) verpflichtet, damit der Anleger abschätzen kann, ob die Empfehlung gerade dieser Anlage im alleinigen Interesse des Kunden erfolgte oder im Eigeninteresse des Anlageberaters. Allein dieses Versäumnis berechtigt betroffene Anleger zur Rückabwicklung der Beteiligung.

„Gerade die verschwiegenen Provisionen sind oftmals der Ansatzpunkt für eine Rückabwicklung gegenüber der beratenden Bank. In diesem Fall sind sogar die betreffenden Angaben im Prospekt ausgesprochen irreführend“ sagt Martin Donandt von SANDNER Rechtsanwälte in Hamburg. „Wir sehen daher gute Chancen für die betroffenen Anleger.“

Lehman Zertifikate – Delbrück Bethmann Maffei nimmt Berufung zurück

Wie heute bekannt wurde, hat das Bankhaus Delbrück Bethmann Maffei gestern überraschenderweise seine Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Hamburg (LG Hamburg) zurückgenommen, gerade einmal zwei Tage bevor das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG Hamburg) seine Entscheidung über die Berufung verkünden wollte.

Das (LG Hamburg) hatte am 26.11.2009 das Bankhaus Delbrück Bethmann Maffei zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 93.000,00 EUR verurteilt (Az: 309 O 177/09), weil es einem Anleger noch im August 2008 Zertifikate der Investmentbank Lehman Brothers verkauft hatte. Wenige Wochen später, Mitte September 2008, musste Lehman Brothers Insolvenz anmelden, wodurch die Zertifikate faktisch wertlos wurden. Der Anleger wurde beim Kauf unter anderem auf das positive Rating von Lehman Brothers hingewiesen, welches mit A+ angegeben war. Tatsächlich hatte die Ratingagentur Standard & Poors (S & P) bereits im Juni 2008 das Rating auf A herabgestuft, worüber der Anleger jedoch nicht aufgeklärt wurde.

Gegen dieses Urteil legte Delbrück Bethmann Maffei Berufung ein, über die am 26.05.2010 vor dem OLG Hamburg mündlich verhandelt wurde. In der mündlichen Verhandlung deutete das OLG bereits an, dass es die Berufung aller Wahrscheinlichkeit nach zurückweisen werde. Zur Begründung stützte das OLG sich nicht nur auf das zum Zeitpunkt der Anlageberatung überholte Rating. Vielmehr wurde der Anleger außerdem nicht darauf hingewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits in mehreren Zeitungen über die finanzielle Schieflage von Lehman Brothers berichtet wurde. Aus diesen beiden Gründen erachtete das OLG Hamburg die erfolgte Anlageberatung als fehlerhaft.

Durch die Rücknahme der Berufung ist das Urteil des LG Hamburg nunmehr rechtskräftig.