Bundesgerichtshof entscheidet über Auskunftsansprüche von Anlegern von Filmfonds in der Form von Publikums-Kommanditgesellschaften

Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass Anleger, die sich als Treugeber über einen Treuhandgesellschafter an einem (Film)Fonds in der Form von Publikums-Kommanditgesellschaften beteiligt haben, Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen an der Gesellschaft beteiligten Anleger verlangen können, wenn ihnen im Innenverhältnis der Gesellschaft die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters (Kommanditisten) eingeräumt ist.

In den vier heute verhandelten – und ebenso in einer Vielzahl weiterer beim II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs und bei Land- und Oberlandesgerichten anhängigen – Verfahren haben Anleger von Publikumsgesellschaften in der Form von Kommanditgesellschaften mit den jeweiligen Gesellschaften, teils auch mit deren geschäftsführenden Gesellschaftern oder mit der Treuhandkommanditistin darüber gestritten, ob sie ein Recht auf Auskunftserteilung über Namen, Anschriften und (in einem Fall) die Beteiligungshöhe der übrigen an den Gesellschaften beteiligten Anleger haben.

An den Fondsgesellschaften konnten sich die Anleger entweder als Kommanditisten (= unmittelbare Gesellschafter) beteiligen mit der Folge, dass sie mit Namen, Wohnort und Haftsumme in das Handelsregister eingetragen wurden, oder sie beteiligten sich als Treugeber (= mittelbare Gesellschafter) über eine Treuhänderin an dem Fonds, wobei in diesem Fall nur die Treuhänderin als (Treuhand-)Kommanditistin mit Name, Wohnort und Haftsumme im Handelsregister eingetragen wurde. Namen, Anschriften sowie die Beteiligungshöhe der Treugeber sind dann nur der Treuhänderin oder der Fondsgesellschaft bekannt. Die Beteiligungs- und Treuhandverträge enthalten Regelungen, nach denen die Anleger keinen Anspruch darauf haben, dass ihnen vom Treuhänder oder der Gesellschaft die dort bekannten Daten der anderen Anleger mitgeteilt werden.

Die klagenden Anleger haben die Ansicht vertreten, ihnen stünde ein Recht auf Kenntnis der Identität der anderen an dem jeweiligen Fonds beteiligten Anleger zu, da sie ohne diese Kenntnis ihre Gesellschafter- oder Treugeberrechte nicht ordnungsgemäß ausüben könnten. Die Beklagten haben die verlangten Auskünfte u.a. unter Hinweis auf ein schützenswertes Anonymitätsinteresse der nur über einen Treuhänder beteiligten Anleger und die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung der Daten verweigert. In allen vier Fällen hatten die Klagen vor dem Oberlandesgericht München Erfolg.

Nach der mündlichen Verhandlung haben in zwei Verfahren die Beklagten ihre Revisionen vor der Verkündung der Urteile zurückgenommen. In den beiden anderen Verfahren hat der Bundesgerichtshof die Entscheidungen des Oberlandesgerichts München bestätigt. Er hat darauf abgestellt, dass die als Treugeber beigetretenen Anleger nach den bei ihrem Beitritt von allen – unmittelbar oder mittelbar – beigetretenen Anlegern als für ihre Rechtstellung verbindlich anerkannten Regelungen in den Gesellschaftsverträgen der Fondsgesellschaften, auf die die jeweiligen Treuhandverträge Bezug nehmen, im Innenverhältnis den als Kommanditisten beigetretenen Anlegern in Rechten und Pflichten gleichgestellt sind. Ein Kommanditist hat ebenso wie der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und einer offenen Handelsgesellschaft einen aus seinem Mitgliedschaftsrecht folgenden Anspruch auf Kenntnis der Identität seines gesellschaftsvertraglichen Vertragspartners. Wegen der in den Gesellschaftsverträgen erfolgten Gleichstellung der Treugeber mit den (unmittelbaren) Kommanditisten steht dieser Anspruch auch den nur über einen Treuhänder beigetretenen Anlegern zu und kann in den Gesellschafts- und Treuhandverträgen nicht ausgeschlossen werden. Hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr des Missbrauchs der Daten durch die klagenden Anleger selbst oder unter deren Beteiligung waren in den entschiedenen Fällen nicht dargelegt.

Urteile vom 5. Februar 2013

BGH II ZR 134/11

LG München I – Urteil vom 3. Dezember 2010 – 6 O 7299/10

OLG München – Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 190/11

und

BGH II ZR 136/11

LG München I – Urteil vom 23. November 2010 – 16 HKO 14213/10

OLG München – Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 5642/10

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 5. Februar 2013