OLG Köln: Anwendbarkeit des KUG trotz DSGVO (Recht am eigenen Bild)

Wie das Oberlandesgericht Köln in der ersten Entscheidung zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) mit Beschluss vom 18.06.2018 (Az. 15 W 27/18) feststellte, ist das Kunsturhebergesetz (KUG) gegenüber entgegenstehenden Regelungen der DSGVO vorrangig. Schließlich erlaube das KUG umfangreiche Erwägungen und damit auch, unionsrechtliche Grundrechtspositionen zu berücksichten.

In dem Rechtsstreit (Vorinstanz: Landgericht Köln, Az. 28 O 167/18) forderte der Antragsteller den Antragsgegner zur Unterlassung der Veröffentlichung eines Fernsehbeitrags des WDR auf, in dem er erkennbar war. Er stützte den Anspruch auf Unterlassung neben §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 KUG auch auf die Datenschutzgrundverordnung.

Das Oberlandesgericht stellte hier zunächst fest, dass das Bildnis einer Person ausnahmsweise dann auch dann ohne Einwilligung nach § 22 KUG veröffentlicht werden darf, soweit es sich hierbei um ein Bildnis der Zeitgeschichte handelt (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Dies liege konkret dann vor, wenn das jeweilige Bildnis der Person im Zusammenhang mit einem Ereignis veröffentlicht wird, welches die Öffentlichkeit interessiert (zum Beispiel politische, wirtschaftliche oder gar gesellschaftliche Ereignisse). Im hiesigen Fall ging es um einen Fernsehbeitrag bzgl. der Räumung, Sperrung und Bewachung eines Gebäudes. Nach Ansicht des Gerichts ist dies von erheblichem öffentlichen Interesse und somit von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG umfasst.

Eine vorrangige Anwendung des Kunsturhebergesetzes verstößt nach Ansicht des Oberlandesgerichts auch nicht gegen europarechtliche Prinzipien: So erlaube der Art. 85 DSGVO – ebenso wie die Vorgängerregelung in Art. 9 der Richtlinie RL 95/46/EG – nationale Gesetze mit Abweichungen von DSGVO zugunsten der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken. Art. 85 DSGVO enhält damit eine Öffnungsklausel, die nicht nur neue Gesetze erlaubt, sondern auch bestehende Regelungen – soweit sich diese einfügen – erfassen kann.

Es gilt jedoch festzuhalten, dass das KUG keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Daten – somit das Fotografieren an sich – beinhaltet. Im KUG ist lediglich die Veröffentlichung geregelt. Somit gilt für das Anfertigen von Personenfotos uneingeschränkt die DSGVO.

Pannen-Clips verschiedener TV-Sender dürfen von Konkurrenz-Sendern nicht ohne Weiteres kostenfrei ausgestrahlt werden (“Top Flops”)

Das Oberlandesgericht Köln hat am 20. April 2018 (Az. 6 U 116/17) rechtskräftig entschieden, dass Pannen-Clips anderer Sender in einer TV-Sendung nicht ohne Weiteres kostenfrei verwendet und ausgestrahlt werden dürfen.

Es ging hierbei ursprünglich um die vom NDR produzierte Sendereihe “Top Flops”, in der Ausschnitte von Fernsehbeiträgen verschiedener Sender (als lustig empfundene Pannen, wie z.B. lustige Situationen mit Tieren, gähnende Moderatoren etc.) ausgestrahlt wurden. Unter diesen Beiträgen befanden sich auch Sendungen der RTL-Gruppe, die nach Kenntnisnahme sowohl den NDR, als auch weitere öffentlich-rechtliche Sender verklagte, die dieses Format ebenfalls ausgestrahlt hatten. Die Ansprüche der RTL-Gruppe richteten sich dabei unter anderem auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr. Die Beklagte ist hingegen der Ansicht, dass diese “Schnipsel” im Rahmen einer Parodie (Unterfall der “freien Benutzung”, § 24 UrhG) ausgestrahlt wurden und daher kostenfrei seien. Auf jeden Fall handele es sich hierbei um ein kostenfreies und damit zulässiges Zitat im Sinne des Urheberrechts (§ 51 UrhG).

Der 6. Zivilsenat bestätigte nunmehr die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Köln (Urteil vom 29.06.2017, Az. 14 O 411/14) , welches eine Lizenzpflicht hinsichtlich der Ausstrahlung der Sequenzen bejahte. Der Senat begründete seine Entscheidung mit Verweis auf die in der Entscheidung des Bundesgerichtshof zu “TV Total” entwicktelten Grundsätze, nach denen die Nutzung der Ausschnitte grundsätzlich zu vergüten ist.

Exkurs:
Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil vom 20. Dezember 2017 (Az. I ZR 42/05) klar, dass auch bloße Teile von Filmwerken und Laufbildern Leistungsschutz nach §§ 94, 95 UrhG genießen und eine nach § 24 Abs. 1 UrhG zulässige freie Benutzung fremder Laufbilder nur dann vorliege, wenn ein selbständiges Werk geschaffen wird. Ferner wies er darauf hin, dass ein nach § 51 UrhG zulässiges Zitat voraussetzt, dass eine innere Verbindung zwischen den eigenen Gedanken des Zitierenden und der zitierten Stelle hergestellt wird.

Das Oberlandesgericht erläuterte in puncto “Parodie”, dass die wesentlichen Merkmale einer Parodie darin bestünden, an ein bestehendes Werk zu erinnern, darüber hinaus jedoch ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen und einen Ausdruck von Verspottung oder von Humor zu präsentieren. In der streitgegenständlichen Sendereihe des NDR seien hingegen keine wahrnehmbaren Unterschiede zwischen der Parodie und dem parodierten Werk an sich zu erkennen gewesen. Die Moderatoren der TV-Pannenshow hätten die einzelnen Ausschnitte lediglich angekündigt, ohne sich im Detail mit diesen auseinander zu setzen. Die Anmoderation spiele hierbei somit keine wesentliche Rolle, da Sinn und Zweck der Pannenshow ausschließlich die Belustigung der Zuschauer durch die Pannen-Sequenzen sei.

Zuletzt liege auch kein kostenfreies zulässiges Zitat vor, da es der Zweck der eigentlichen Zitatfreiheit sei, die geistige Auseinandersetzung mit grundsätzlich fremden Werken zu erleichtern. Die Zitatfreiheit erlaube hingegen nicht, ein fremdes Werk oder urheberrechtlich geschütztes Leistungsergebnis lediglich um seiner selbst willen der Allgemeinheit darzustellen. An der notwendigen inneren Verbindung (siehe oben) fehle es hier, da im zitierenden Werk keine Auseinandersetzung mit dem eingefügten fremden Werk stattfinde, sondern lediglich die Darstellung der Ausschnitte und somit die Belustigung des Publikums im Vordergrund stehe.

Haftung des Internetanschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen durch den Ehepartner

Am 16. Mai 2012 entschied das Oberlandesgericht Köln (Az.: 6 U 239/11), dass der Internetanschlussinhaber nicht für Urheberrechtsverletzungen seines Ehepartners haftet.

In diesem konkreten Fall wurde an zwei Tagen jeweils ein Computerspiel über den Internetanschluss der Beklagten (Ehefrau) als Download angeboten. Daraufhin mahnte die Urheberin die Beklagte umgehend ab. Nachdem die Beklagte schließlich die Abmahnung nicht hinnahm wurde der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten eingeschlagen.
Vor Gericht vertrat die Beklagte die Ansicht, sie habe weder die Computerspiele selbst angeboten, noch den Internetanschluss hauptsächlich genutzt. Tatsächlich, so die Beklagte, sei dieser von ihrem – zwischenzeitlich verstorbenen – Ehemann genutzt worden. Das Landgericht gab hier der Klägerin Recht und verurteilte die beklagte Ehefrau auf Unterlassung und Schadensersatz einschließlich Erstattung der Abmahnkosten. Daraufhin legte die Beklagte Berufung ein, mit Erfolg. Das Urteil des Landgerichts wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Prozess hatte zwei Schwerpunkte:

Zum Einen ging es um die Frage, wer letztlich darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, ob die Urheberrechtsverletzung vom Anschlussinhaber selbst oder einem Dritten begangen wurde. Zum Anderen musste man sich der Frage widmen, ob der Anschlussinhaber auch für Urheberrechtsverletzungen haftet, die nicht von ihm, sondern seitens eines Dritten begangen wurden.

Hinsichtlich der ersten Frage führte der Senat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) fort, die besagt, dass zwar stets eine Vermutung dafür spreche, dass der Anschlussinhaber selbst der Verletzer war. Könne der Anschlussinhaber jedoch – wie im vorliegenden Fall – darlegen, dass die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs bestehe, so liegt es letztlich an dem Urheberrechtsinhaber, den Beweis für die Täterschaft zu führen. In diesem konkreten Fall, in dem die Klägerin keinen konkreten Beweis für die Täterschaft der Beklagten vorweisen/anbieten konnte, war entsprechend davon auszugehen, dass das Computerspiel seitens des Ehemannes zum Download angeboten wurde.

Dementsprechend näherte man sich nun der zweiten Frage, ob die einfache Ãœberlassung der “Mitnutzungsmöglichkeit” des Internetanschlusses durch den Ehepartner als solche eine Haftung auslöse. Davon sei jedoch nur auszugehen, wenn entweder der Anschlussinhaber von derartigen Rechtsverletzungen Kenntnis erlange oder generell eine Aufsichtspflicht bestünde. Eine derartige Aufsichtspflicht bestehe jedoch zwischen Ehepartnern nicht, so das Gericht.

Die Revision wurde zugelassen, da diese Problematik bis dato noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde.