Datenschutz Facebook-Fanpage – Die (gemeinsame) Verantwortlichkeit von Facebook und Fanpage-Betreiber nach der DSGVO

Am 05.06.2018 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass der Betreiber einer Facebook-Fanpage gemeinsam mit Facebook für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Besucher seiner Fanpage verantwortlich ist (Az. C-210/16).
Strittig war unter anderem die Begriffsdefinition zur “verantwortlichen Stelle”, § 3 Nr. 7 BDSG a.F. bzw. Art. 2 lit. d Datenschutzrichtlinie 95/46/EG. Da hingegen die Begriffsdefinition der Datenschutzrichtlinie nahezu wortgleich in Art. 4 Nr. 7 der DSGVO umgesetzt wurde, dürfte diese Entscheidung starke Signalwirkung innehaben.

Exkurs: Facebook-Fanpage

Dabei handelt es sich um ein öffentliches Profil, z.B. eines Unternehmens auf dem sozialen Netzwerk “Facebook”. Durch einen Klick kann man “Fan” dieser Seite werden und erhält hierdurch stetig Informationen, News oder Meldungen des Profils direkt im eigenen Newsstream. So ist es z.B. Unternehmen möglich, aktiv mit ihren Kunden in Kontakt zu treten und umgekehrt. Mit Hilfe der Funktion “Facebook Insight”, die als nicht abdingbarer Teil des Benutzungsverhältnisses kostenfrei zur Verfügung steht, ist es dem Betreiber möglich, anonymisierte statistische Daten über die Nutzer der Fanpage-Seiten einzusehen.

Wer ist wofür verantwortlich?

Dieser Entscheidung lag ein Verwaltungsrechtsstreit zwischen der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH und dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) zugrunde. Die Akademie als Klägerin bewarb Bildungsangebote auf ihrer Facebook-Fanpage. Sie wehrte sich gegen eine datenschutzrechtliche Anordnung der Beklagten (ULD) bis zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), welches schließlich dem EuGH unter anderem die Frage vorlegte, ob die Klägerin als Fanpage-Betreiberin überhaupt eine “verantwortliche Stelle” sein kann.

Dies wurde durch den EuGH bejaht.

Der EuGH stellte zwar fest, dass die bloße Benutzung von Facebook noch nicht zur Mitverantwortlichkeit führe, diese beginne jedoch bereits mit Einrichtung der Fanpage. Dies ist dem Grunde geschuldet, dass der Betreiber diese auf sein Zielpublikum ausrichtet, mittels Filtern Kriterien für Erhebung von Statistiken festlegt und Kategorien von Personen bezeichnet, deren personenbezogene Daten seitens Facebook ausgewertet werden sollen. So können gerade Angaben z.B. zur beruflichen Situation, Lebensstil, Geschlecht, Altersbereich und Interessen für konkrete Werbeaktionen und zielgerichtete Informationen verwertet und verwendet werden.

Es spiele – so der EuGH – hier keine Rolle, dass die von Facebook erstellten Besucherstatistiken ausschließlich in anonymisierter Form an den jeweiligen Betreiber der Fanpage übermittelt werden. Gerade der Umstand, dass diese Fanpages auch von Dritten, bei denen es sich nicht um Facebook-Nutzer/Mitglieder handelt, besucht werden können, erfordere eine noch größere Verantwortung, da eben auch bei diesen Besuchen automatisch eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten ausgelöst werde.

Was bedeutet das konkret für mich als Fanpage-Betreiber?

Solange es sich um eine ausschließlich private Nutzung des Social Networks handelt, hat die Entscheidung des EuGH hierauf keine Auswirkungen. Wer hingegen Fanpages zu geschäftlichen Zwecken einrichtet, ist datenschutzrechtlich auch mitverantwortlich. Die Entscheidung ist analog übertragbar auf weitere Social Media – Dienste wie z.B. Instagram, Snapchat oder YouTube.
Somit unterliegen Рnach der Entscheidung des EuGH Рdie Fanpage-Betreiber insbesondere Informationspflichten, Betroffenenrechten und der Haftung nach der DSGVO (aufsichtsbeh̦rdliche Anordnungen, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen etc.).

Wie setze ich die notwendigen Pflichten auf meiner Fanpage um?

Es ist dem Fanpage-Betreiber möglich in der Facebook-Seiteninformation unter “Datenschutzrichtlinie” eine eigene extern gespeicherte Datenschutzerklärung zu verlinken, um den Informationspflichten der DSGVO (Art. 13, 14 DSGVO) zu genügen. Hier kann man dann konkret auf die Datenverarbeitung im Rahmen einer Fanpage eingehen und diese transparent für den Nutzer aufschlüsseln.

BGH: Angebot des Werbeblockers AdBlock Plus nicht unlauter

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat mit Urteil vom 19. April 2018 – I ZR 154/16 entschieden, dass das Angebot des Werbeblockerprogramms AdBlock Plus nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt.

Die Klägerin, ein Verlag, stellt ihre redaktionellen Inhalte auch auf ihren Internetseiten zur Verfügung. Dieses Angebot finanziert sie durch Werbung, also mit dem Entgelt, das sie von anderen Unternehmen für die Veröffentlichung von Werbung auf diesen Internetseiten erhält.

Die Beklagte vertreibt das Computerprogramm AdBlock Plus, mit dem Werbung auf Internetseiten unterdrückt werden kann. Werbung, die von den Filterregeln erfasst wird, die in einer sogenannten Blacklist enthalten sind, wird automatisch blockiert. Die Beklagte bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Werbung von dieser Blockade durch Aufnahme in eine sogenannte Whitelist ausnehmen zu lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Werbung die von der Beklagten gestellten Anforderungen an eine “akzeptable Werbung” erfüllt und die Unternehmen die Beklagte am Umsatz beteiligen. Bei kleineren und mittleren Unternehmen verlangt die Beklagte für die Ausnahme von der automatischen Blockade nach eigenen Angaben keine Umsatzbeteiligung.

Die Klägerin hält den Vertrieb des Werbeblockers durch die Beklagte für wettbewerbswidrig. Sie hat beantragt, die Beklagte und ihre Geschäftsführer zu verurteilen, es zu unterlassen, ein Computerprogramm anzubieten, das Werbeinhalte auf näher bezeichneten Webseiten unterdrückt. Hilfsweise hat sie das Verbot beantragt, ein solches Computerprogramm anzubieten, wenn und soweit Werbung nur nach von der Beklagten vorgegebenen Kriterien und gegen Zahlung eines Entgelts der Klägerin nicht unterdrückt wird.

In erster Instanz hatte die Klage keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat das mit dem Hilfsantrag begehrte Verbot erlassen. Im Ãœbrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrags abgewiesen.

Das Angebot des Werbeblockers stellt keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Eine Verdrängungsabsicht liegt nicht vor. Die Beklagte verfolgt in erster Linie die Beförderung ihres eigenen Wettbewerbs. Sie erzielt Einnahmen, indem sie gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung durch die Aufnahme in die Whitelist eröffnet. Das Geschäftsmodell der Beklagten setzt demnach die Funktionsfähigkeit der Internetseiten der Klägerin voraus.

Die Beklagte wirkt mit dem Angebot des Programms nicht unmittelbar auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen ein. Der Einsatz des Programms liegt in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer. Die mittelbare Beeinträchtigung des Angebots der Klägerin ist nicht unlauter. Das Programm unterläuft keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebots der Klägerin. Auch die Abwägung der Interessen der Betroffenen führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine unlautere Behinderung der Klägerin vorliegt. Der Klägerin ist auch mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit zumutbar, den vom Einsatz des Programms ausgehenden Beeinträchtigung zu begegnen, indem sie die ihr möglichen Abwehrmaßnahmen ergreift. Dazu gehört etwa das Aussperren von Nutzern, die nicht bereit sind, auf den Einsatz des Werbeblockers zu verzichten.

Es liegt auch keine allgemeine Marktbehinderung vor, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Geschäftsmodell der Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet zerstört wird.

Das Angebot des Werbeblockers stellt auch – anders als das Berufungsgericht angenommen hat – keine aggressive geschäftliche Handlung gemäß § 4a UWG gegenüber Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung auf den Internetseiten der Klägerin interessiert sind. Es fehlt an einer unzulässigen Beeinflussung dieser Marktteilnehmer, weil die Beklagte eine ihr durch das technische Mittel des Werbeblockers etwaig zukommende Machtposition jedenfalls nicht in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit der Marktteilnehmer zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.

Vorinstanzen:

LG K̦ln РUrteil vom 29. September 2015 Р33 O 132/14

OLG K̦ln РUrteil vom 24. Juni 2016 Р6 U 149/15 (GRUR 2016, 1089)

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof vom 19.04.2018

Konferenz der Tiere – Haftung des Tauschbörsen-Teilnehmers (P2P) als Mittäter an Urheberrechtsverletzung

Am 06. Dezember 2017 entschied der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs über die Haftung von Teilnehmern einer Internettauschbörse (P2P) als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der Internettauschbörse begangenen Urheberrechtsverletzung (Verletzung des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung, § 19a UrhG).

Der Fall vor dem Bundesgerichtshof handelte davon, dass die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film “Konferenz der Tiere 3 D” eine Verletzung Ihrer Rechte durch das Anbieten des Films in einer Internettauschbörse durch den Beklagten geltend machte. Wie allgemein üblich, mahnte die Klägerin den Beklagten zuvor ab und machte anschließend gerichtlich Schadensersatz- und Abmahnkosten geltend. Nachdem sowohl das Amts-, als auch das Landgericht die Klage abwiesen, verfolgte die Klägerin ihre Ansprüche im Wege der Revision (erfolgreich) weiter.

Streitpunkt: Lauffähige Version des Films oder eines Teils davon tatsächlich angeboten?

Das Berufungsgericht wies die Klage zuvor aus dem Grund ab, dass sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht eindeutig ergebe, dass eine lauffähige Version des Films oder eines Teils davon über den Internetanschluss des Beklagten zum Download angeboten wurde. Dies sei jedoch für die Geltendmachung ihrer Ansprüche erforderlich.
Der Bundesgerichtshof sah diese rechtliche Beurteilung als falsch an. Denn nach Auffassung des Senats sei der Schutzgegenstand die “im Filmträger verkörperte organisatorische und wirtschaftliche Leistung des Filmherstellers” und es gäbe keinen Teil des Ton- oder Filmträgers, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands/dieser Leistung entfällt und somit nicht geschützt ist. Zudem stelle selbst die Entnahme kleinster Partikel einen Eingriff in die geschützte Leistung des Filmherstellers (§ 94 Abs. 1 S. 1 UrhG) dar.

Streitpunkt: Haftung als Mittäter?

Hier gilt es, die im Strafrecht entwickelten Grundsätze anzuwenden. Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 S. 1 BGB) setzt eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraus. Jeder Teilnehmer einer Internettauschbörse ermöglicht es anderen Teilnehmern, von ihm heruntergeladene Dateien oder -fragmente wiederum ihrerseits von seinem Computer herunterzuladen; der Download findet also zeitgleich wie der Upload statt. Darüberhinaus ist im Bereitstellen von Dateien oder – fragmenten über eine Internettauschbörse ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken der Teilnehmer zu sehen, so die Robenträger. Hierbei spielt es für eine Mittäterschaft auch keine Rolle, dass die Teilnehmer anonym bleiben und nicht untereinander kommunizieren. Also wirken die Teilnehmer bei der öffentlichen Zugänglichmachung der Dateien oder -fragmente “bewusst und gewollt” zusammen. Eventualvorsatz (dolus eventualis) ist hier ausreichend, da der jeweilige Teilnehmer weiss, dass im Rahmen der arbeitsteiligen Funktionsweise von Internettauschbörsen die Bereitstellung der von ihm heruntergeladenen Dateien oder -fragmente im Netzwerk einhergeht und dies mindestens billigend in Kauf nimmt.

Aktenzeichen: I ZR 186/16

Vorinstanzen:
AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 22. Januar 2015 – 3a C 256/14
LG Frankenthal, Urteil vom 22. Juli 2016 – 6 S 22/15