Urheberrechtswidrige Downloads: Oberlandesgericht Hamburg entscheidet über Prüf- und Handlungspflichten des Online-Speicher-Dienstes „RapidShare“

Wer Dritten ohne Zustimmung des Urhebers dessen Werk über einen Online-Speicher-Link im Rahmen einer Downloadlink-Sammlung uneingeschränkt im Internet zur Verfügung stellt, verletzt das Recht des Urhebers, über die öffentliche Wiedergabe seines Werkes zu entscheiden. Als Störer kann auch derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, welcher den entsprechenden Online-Speicherplatz zur Verfügung stellt. Dies jedenfalls dann, wenn sein Geschäftsmodell strukturell die Gefahr massenhafter Begehung von Urheberrechtsverletzungen in einem Umfang in sich birgt, der die Erfüllung von Prüf- und Handlungspflichten zumutbar macht. Dies hat das Oberlandesgericht in einem Rechtsstreit zwischen der GEMA und dem Online-Speicher-Unternehmen „Rapidshare AG“ am 14.03.2012 entschieden (Az. 5 U 87/09).

Nach dem bundesweit geltenden Urheberrechtsgesetz steht dem Urheber eines geschützten Werkes das ausschließliche Recht zu, sein Werk öffentlich wiederzugeben. Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, z.B. im Internet.

In einem früheren Urteil aus dem Jahr 2008 (Rapidshare I) hatte der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts entschieden, dass ein Werk bereits mit dem Einstellen in den Online – Dienst „RapidShare“ „öffentlich zugänglich“ i.S.d. Urheberrechtsgesetzes gemacht wird. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat nicht mehr fest. Vielmehr geht er nun davon aus, dass ein Werk erst dann öffentlich zugänglich gemacht worden ist, wenn die jeweiligen RapidShare-Links im Rahmen von Downloadlink-Sammlungen im Internet dritten Personen uneingeschränkt zur Verfügung gestellt worden sind. Begründet wird dies u.a. mit den fortentwickelten Nutzungsgewohnheiten im Internet: Möglichkeiten, Dateien auf Servern dritter Unternehmen dezentral im Netz zu speichern, seien stärker im Vordringen. Nutzer speicherten immer häufiger Daten bei einem Webhoster, um auf diese Daten jederzeit mit ihren Mobilgeräten zugreifen zu können. Anbietern von dezentralem Speicherplatz im Netz sei es häufig nicht verlässlich möglich, mit vertretbarem Aufwand und ohne unzulässigen Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Nutzers (urheberrechtlich) zulässige von unzulässigen Speichervorgängen zu unterscheiden. Allein der Upload eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf den Dienst eines Sharehosters wie der Beklagten lasse daher keinen verlässlichen Rückschluss zu, dass es sich hierbei zwingend um eine rechtswidrige Nutzung handele. Im vorliegenden Fall könne daher ein „öffentliches Zugänglichmachen“ erst in einer ersten – urheberrechtswidrigen – Veröffentlichung des Downloadlinks liegen.

Nach Auffassung des Senates kann die beklagte Rapidshare AG dabei als Störerin auf Unterlassung in Anspruch genommen werden: Der Rapidshare AG wurde mit Urteil vom 14.03.2012 verboten, über 4.000 konkret bezeichnete Musiktitel im Rahmen ihres Onlinedienstes in der BRD öffentlich zugänglich machen zu lassen. Zwar führe das Geschäftsmodell der Beklagten, ihren Nutzern die Möglichkeit zu eröffnen, Dateien automatisiert auf ihre Server hochzuladen und die generierten Links zum Download zur Verfügung zu halten, noch nicht zu verstärkten Prüfpflichten. Das Geschäftsmodell der Beklagten berge jedoch strukturell und insbesondere im Hinblick auf die in der Vergangenheit erfolgte besondere Förderung massenhaften Zugriffs auf einzelne Dateien (z.B. durch ein Bonussystem) die Gefahr massenhafter Begehung von Urheberrechtsverletzungen in einem Umfang in sich, der die Erfüllung von Prüf- und Handlungspflichten zumutbar mache. Damit war die Beklagte nach Auffassung des Senats verpflichtet, konkrete Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen zu ergreifen, sobald ihr bekannt geworden war, dass Musikwerke urheberrechtswidrig öffentlich abrufbar waren.

Der Senat stellt heraus, dass im Hinblick darauf, dass eine Urheberrechtsverletzung nicht bereits mit dem Upload auf RapidShare verwirklicht ist, pro-aktive Möglichkeiten der Beklagten, im Rahmen ihres Dienstes potentielle Rechtsverletzungen aufzuspüren und zu verhindern, in nennenswertem Umfang nur insoweit bestehen, als es um ein wiederholtes Upload bereits bekannter Dateien gehe, die rechtsverletzende Inhalte enthalten. Es müsse vielmehr nun in erster Linie darum gehen, die erneute Verbreitung als rechtsverletzend erkannter Dateien zu unterbinden, z.B. dadurch, dass rechtsverletzende Downloadlinks gelöscht und u.a. in Link-Ressourcen im Internet gezielt nach weiteren Links gesucht werde, über die das betreffende Werk in urheberrechtsverletzender Weise zugänglich gemacht werde.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Pressestelle des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 15.03.2012

Gegenstandswert in Filesharing-Fällen

Dem Beklagten wurde vorgeworfen, 12 Titel des Albums “Westernhagen – Williamsburg” via Filesharing zum Download angeboten zu haben. Nachdem der Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers außergerichtlich erledigt wurde, kam es zum Streit über die Gebühren des für den Beklagten tätigen Rechtsanwalts. Der hatte seine außergerichtliche Tätigkeit mit einer 1,9-fachen Geschäftsgebühr auf Grundlage eines Gegenstandswerts von 30.000 € abgerechnet, was einen Betrag von 1.713,84 € ergab.

Demgegenüber hat das Amtsgericht Elmshorn (Urteil vom 19.01.2011, 49 C 57/10) lediglich einen Gebührenanspruch von 150,42 € zuerkannt, weil nach seiner Ansicht die anwaltliche Tätigkeit nach einem Gegenstandswert von nur 2.000 € und mit einem Gebührensatz von 0,8 abzurechnen war. Zum Gegenstandswert führte das Amtsgericht aus, dass er in Filesharing-Fällen nicht in mathematischer Abhängigkeit von der Anzahl der in das Netz gestellten Titeln zu bemessen, sondern vielmehr die Gesamtumstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien (so auch: OLG Köln, Urteil vom 23.12.2009, 6 U 101/09; Landgericht Köln, Urteil vom 27.01.2010, 28 O 241/09). Insbesondere sei zu berücksichtigen, ob es sich um einen erst- und einmaligen Verstoß handelt. Auch das Ausmaß der streitigen Rechtsverletzung sowie der mögliche Schaden, der bei einer Fortsetzung des unerlaubten Verhaltens drohe, seien mit einzubeziehen.

Andererseits komme der Streitwertbestimmung keine abschreckende oder gar sanktionierende Wirkung zu; vielmehr orientiere sich diese am Wertinteresse des Gläubigers und an der Intensität der Rechtsverletzung (so auch: Amtsgericht Halle, Urteil vom 24.11.2009, 95 C 3258/09).

In Anbetracht der Tatsache, dass der Vorwurf auf das Online-Stellen von 12 Titeln eines Albums lautete, andererseits das Westernhagen-Album noch recht aktuell war und damit die Gefahr höherer Download-Zahlen beinhaltete, bemaß das Gericht den Streitwert im konkreten Fall mit 2.000 €. Dabei hat es insbesondere berücksichtigt, dass es sich um einen erst-und einmaligen Verstoß handelte, der zudem von kurzer Dauer war.

Zum Vergleich:

Das OLG Köln setzte in einem anderen Fall (Urteil vom 23.12.2009, 6 U 101/09) für die Online-Stellung von 964 Musikdateien einen Streitwert von 200.000 € an. Das Landgericht Köln (Urteil vom 27.01.2010, 28 O 241/09) setzte für 543 Titel einen Streitwert von 40.000 € an. Das Landgericht Frankfurt (Urteil vom 21.12.2010, 11 U 52/07 – Sommer unseres Lebens) setzte den Streitwert auf 2.500 € fest, wenn ein Nutzer sein privates WLAN unzureichend sichert und infolgedessen außenstehende Dritte darüber Urheberrechtsverletzungen begehen können. Das Landgericht Hamburg hat im Falle der Verbreitung von zwei Musiktiteln in einer Internettauschbörse den dortigen Beklagten verurteilt, Schadensersatz in Höhe von 15 € pro Musiktitel an die klagenden Musikverlage zu zahlen (Urteil vom 08.10.2010, 308 O 710/09).

OLG Köln: Kein Anspruch auf Verzicht der Domain www.dsds-news.de

Das OLG Köln (6 U 180/09) hat entschieden, dass der Inhaber von Marken- oder Kennzeichenrechten einen Verzicht auf die Registrierung eines prioritätsjüngeren ähnlichen Domain-Namens nur verlangen kann, wenn jede Belegung der unter der Domain betriebenen Webseite notwendig eine Kennzeichenrechtsverletzung darstellt. Diese Voraussetzung war im konkreten Fall (https://www.dsds-news.de/) nicht gegeben, weshalb das Oberberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit aufgehoben und den geltend gemachten Verzichtsanspruch zurück gewiesen hat.