EuGH: Gebrauchte Software darf weiterverkauft werden

Am 03. Juli 2012 (Az. C‑128/11) entschied der Europäische Gerichtshof über das weitreichend diskutierte Problem des Weiterverkaufs von “gebrauchter” Software. Dem Urteil zufolge gehören rechtmäßig erworbene Software-Pakete dem Käufer – auch wenn diese aus dem Internet heruntergeladen wurden. Dies stellt eine Korrektur der bisherigen deutschen Rechtsprechung (vgl. OLG Düsseldorf, Az.: I – 20 U 247/08) dar:

Demzufolge wurde der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen, mit Lizenz-Keys oder gar rechtmäßig hergestellten Sicherungskopien auf Datenträgern eindeutig als rechtswidrig betrachtet. Der Kläger “Oracle” berief sich hier stets auf das Urheberrecht, wonach lediglich der Urheber der Software die Lizenz zu deren Nutzung erteilen darf. Er behält sich das Recht in den geschlossenen Nutzungsverträgen mit den Unternehmern ausdrücklich vor, wodurch eine Weiterlizenzierung ohne Einwilligung des Klägers unzulässig ist.

Da der Bundesgerichtshof 2011 die Frage der Zulässigkeit des Weiterverkaufs von “gebrauchter Software” im Rechtsstreit Oracle ./. usedSoft nicht abschließend klären konnte, wurde diese letztendlich dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorgelegt (Beschluss vom 03.02.2011, Az.: I ZR 129/08).

Dem abschließenden Urteil des Europäischen Gerichtshof zufolge, kann sich der Softwarehersteller fortan dem Weiterverkauf seiner gebrauchten Kopien durch den Kunden nicht widersetzen. Dies gelte nun auch für den Fall, dass die Software nicht physisch, z.B. also auf DVD o.ä., sondern von den Servern des Urheberrechtsinhabers heruntergeladen wird.

Wurde beim Verkauf im Lizenzvertrag ein dauerhaftes Nutzungsrecht manifestiert, so gilt dies nicht nur für den Erstkäufer. Dies sei ebenfalls der Fall, wenn der Käufer beim Kauf das entsprechende Recht auf Updates erwarb. Mit Ãœbergabe des Lizenzschlüssels geht das Recht auf Updates direkt auf den neuen “Gebraucht-Käufer” über – dies gilt ebenso bei befristeten Wartungsverträgen.

Die Richter machten hier deutlich, dass es nicht darauf ankommen könne, ob die Software auf einem Datenträger (CD-ROM / DVD) erworben wurde oder es sich dabei letztlich um eine “nichtkörperliche Kopie” aus dem Internet handelt. Der Hersteller habe diesbezüglich bereits seine angemessene Vergütung beim Erstverkauf erhalten.

Das Urteil zeigte jedoch auch dem Weiterverkäufer Grenzen auf: So dürfe dieser keinesfalls die Lizenz aufspalten und in Teilen weiterverkaufen. Demzufolge müsse der Weiterverkäufer beim Verkauf der gebrauchten Software sicherstellen, dass er die Kopie auf dem eigenen Rechner unbrauchbar macht – folglich deinstalliert und löscht. Denn im Gegensatz zum dauerhaften Nutzungsrecht verbleibt das Vervielfältigungsrecht weiterhin beim Hersteller. Dieser darf dementsprechend alle technischen Vorkehrungen treffen, um sicherzustellen, dass der Erstverkäufer dem auch Folge leistet.

Trotz dieser weisungsgebenden Entscheidung seitens des Europäischen Gerichtshofs für die Software-Industrie könnten trotzdem noch wichtige Fragen offen bleiben. Denn dieser entschied zwar, dass die Weiterveräußerung gebrauchter Software nicht die Urheberrechte der Softwarehersteller beeinträchtigt. Jedoch hat der Gerichtshof damit den Herstellern zugleich kein Gebot auferlegt, die Weiterveräußerung auch entsprechend zu ermöglichen. Im Fall des “Applestore” z.B. scheitert die Weiterverkaufsmöglichkeit bereits an der Möglichkeit, installierte Apps auf ein anderes Gerät zu übertragen.

2010 ebnete der Bundesgerichtshof diesbezüglich einen Weg, der geeignet ist, die Kundenrechte im Falle von Gebrauchtsoftware “auszuhebeln” (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.02.2010, Az. I ZR 178/08). Er entschied, dass selbst dann, wenn die Software gebraucht weiterverkauft werden dürfte, der jeweilige Softwarehersteller durch Produktaktivierung diesen Weiterverkauf immerhin auf faktischer Ebene zulässig und wirksam verhindern kann. Laut Bundesgerichtshof sei es durchaus mit dem insoweit erschöpften Urheberrecht des Softwareherstellers vereinbar, wenn dieser, immerhin noch auf technischer Ebene, die Nutzbarkeit nach einem Weiterverkauf einschränkt bzw. unmöglich macht. Ergo: Eine Produktaktivierung darf und kann einen Weiterverkauf unterbinden. Die Hersteller und Händler müssen lediglich vorab darauf hinweisen, damit die jeweilige Software nicht als fehlerhaft gilt.

Die Richtlinie 2009/24/EG, worauf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs basierte, gilt ausdrücklich für Computerprogramme. Auf Mp3s, Hörbücher, Videos und anderen Medieninhalte ist diese Entscheidung folglich nicht anwendbar.

Die Verzinsung von deliktischen Schadensersatzansprüchen nach § 849 BGB

Am 26.11.2007 (Az. II ZR 167/06) entschied der Bundesgerichtshof entgegen der Vorinstanzen (LG Karlsruhe, Entscheidung v. 20.07.2005, Az.: 10 O  334/03; OLG Karlsruhe, Entscheidung v. 06.06.2006, Az.: 8 U  184/05) durch Versäumnisurteil, dass derjenige, der durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen, vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) beanspruchen kann.
Die Revision des Klägers wurde als begründet festgestellt und sprach dem Kläger letztlich einen Zinsanspruch in Höhe von 4 % auch für die Zeit zwischen der Überweisung des Einlagebetrags und dem Eintritt der Rechtshängigkeit zu.
§ 849 BGB erfasse jeden Sachverlust durch Delikt. Auch wenn der jeweilige Schädiger den Geschädigten durch unerlaubte Handlung wie bei der Erpressung oder Betrug dazu bestimme, über eine Sache zu verfügen oder eine Sache wegzugeben, entziehe er sie ihm (vgl. OLG München, OLGZ 1979, 457; BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. § 849 Rn. 2). Der § 849 BGB sei nach seinem Wortlaut nicht allein auf die Wegnahme beschränkt und verlange nicht, dass die Sache gegen oder ohne den Willen des Geschädigten entzogen wird. Der Geschädigte muss auch nicht Besitzer der Sache gewesen sein (vgl. BGHZ 8, 288, 298; BGH, Urteil v. 15.03.1962 – III ZR 17/61). Eine derartige Beschränkung widerspreche auch dem Normzweck des § 849 BGB, so der Bundesgerichtshof.

Der Zinsanspruch soll so mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben – oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (vgl. BGHZ 87, 38,41). Der jeweils Geschädigte verliere die Sachnutzung gleichermaßen, ob ihm die Sache nun gegen/ohne seinen Willen entwendet wird oder er letztlich durch unerlaubte Handlung (Drohung / Täuschung) dazu gebracht wird, diese wegzugeben oder darüber zu verfügen.

Nach dieser Rechtsprechung kann nun derjenige, der durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen, vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB beanspruchen.

Bundesgerichtshofs bestätigt Verurteilung des Axel-Springer-Verlages zur Zahlung einer fiktiven Lizenz wegen werblicher Vereinnahmung von Gunter Sachs

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Axel-Springer-Verlag wegen einer werblichen Vereinnahmung des vor einem Jahr verstorbenen Gunter Sachs eine fiktive Lizenz in Höhe von 50.000 € zu zahlen hat.

Der Axel-Springer-Verlag verlegt unter anderem die “BILD am Sonntag”. In der Ausgabe vom 10. August 2008 befand sich auf der letzten Seite ein redaktionell aufgemachter Artikel, der mit drei Fotos des Klägers bebildert war. Auf einem großflächigen Foto ist der Kläger bei der Lektüre einer Zeitung mit dem “BILD”-Symbol zu erkennen. Die Bildinnenschrift lautet: “Gunter Sachs auf der Jacht “Lady Dracula”. Er liest BILD am SONNTAG, wie über elf Millionen andere Deutsche auch.” Auch im Fließtext wird die Lektüre des Klägers herausgestellt.

Gunter Sachs hat den Axel-Springer-Verlag daraufhin auf Unterlassung und auf Zahlung einer Lizenzvergütung in Höhe von 50.000 € in Anspruch genommen. Das Landgericht Hamburg hat den Verlag zur Unterlassung verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht Hamburg den Axel-Springer-Verlag darüber hinaus zur Zahlung einer Lizenzvergütung in der vom Kläger verlangten Höhe verurteilt.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Axel-Springer-Verlages zurückgewiesen. Dass der Kläger während des Revisionsverfahrens verstorben ist, hatte auf das Verfahren keine Auswirkungen. Der Senat hat eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG)* darin gesehen, dass der Kläger durch die Abbildung und die begleitende Textberichterstattung ohne seine Zustimmung für Werbezwecke vereinnahmt worden ist. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Werbung sich nicht in einer als solchen erkennbaren Anzeige, sondern in einem redaktionellen Artikel befand. Der beklagte Verlag kann sich demgegenüber nicht auf ein überwiegendes Informationsinteresse berufen. Vielmehr hat das Persönlichkeitsrecht des Klägers – so der Bundesgerichtshof – Vorrang gegenüber dem nur als gering zu veranschlagenden Interesse der Öffentlichkeit an der Neuigkeit, dass der Kläger auf seiner Jacht die Zeitung “Bild am Sonntag” liest. Dabei hat der Bundesgerichthof auch berücksichtigt, dass der beklagte Verlag mit der Veröffentlichung des Fotos in unzulässiger Weise in die Privatsphäre des Klägers eingegriffen hat. Durch Vereinnahmung des Klägers für die Werbung hat der Verlag einen vermögenswerten Vorteil erlangt, der den Anspruch auf Zahlung der Lizenz begründet.

Urteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 234/10 – Playboy am Sonntag

LG Hamburg – Urteil vom 4. Dezember 2009 – 324 O 338/09 (AfP 2010, 193)

OLG Hamburg – Urteil vom 10. August 2010 – 7 U 130/09 (ZUM 2010, 884)

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 1. Juni 2012

*§ 22 KUG

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

§ 23 KUG

Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;

Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;

Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;

Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2)Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.