I. Zivilsenat des BGH lässt Gaby fallen

Eine jahrelange Meinungsverschiedenheit zwischen dem für Patent- und Gebrauchmusterrecht zuständigen X. Zivilsenat und dem für Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht zuständigen I. Zivilsenat ist nunmehr beigelegt (Urteil vom 19.07.2007 – I ZR 93/04, „Windsor Estate“). Inhaber eines gewerblichen Rechtschutzes haben gegen einen dieses Schutzrecht Verletzenden Anspruch auf Unterlassung sowie auf Schadensersatz. Als Hilfsanspruch zu diesem Schadensersatzanspruch hat der Inhaber des Schutzrechtes nach § 242 BGB Anspruch auf Auskunft, in welchem Umfang sein Schutzrecht in der beanstandeten Form verletzt wurde. Die Meinungsverschiedenheit der beiden Zivilsenate des BGH betraf den zeitlichen Umfang dieses Auskunftsanspruches. Während der X. Zivilsenat in ständiger Rechtsprechung seit der als „Nikola“ bekannt gewordenen Entscheidung vom 25.02.1992 eine zeitliche Begrenzung des Auskunftsanspruches ablehnte, hat der I. Zivilsenat seit seiner als „Gaby“ bekannt gewordenen Entscheidung vom 26.11.1987 die Auffassung vertreten, der Auskunftsanspruch erstrecke sich lediglich auf die Zeit nach der vom Gläubiger nachgewiesenen ersten Rechtsverletzung. Diese Rechtsprechung hat der I. Zivilsenat mit der „Windsor Estate“-Entscheidung ausdrücklich aufgegeben. Zur Begründung verweist er auf die durch das „Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie“ eingeführten Ansprüche auf Drittauskunft, welche keiner zeitlichen Beschränkung unterliegen. Dadurch werde den Interessen des Gläubigers an einer effektiven Rechtsdurchsetzung nach vorausgegangener Rechtsverletzung Rechnung getragen, hinter denen die Belange des Schuldners, keine dem Gläubiger unbekannten Verletzungshandlungen zu offenbaren, zurücktreten. Gegenstand der „Windsor Estate“-Entscheidung war eine Markenverletzung. Eine entsprechende Entscheidung für den Bereich des Wettbewerbsrechts steht derzeit noch aus. Das Wettbewerbsrecht (UWG) stellt im Gegensatz zu den gewerblichen Schutzrechten lediglich Marktverhaltensregeln auf und vermittelt daher dem Anspruchsberechtigten keine vergleichbare Rechtschutzposition. Eine entsprechende Anwendung auf das Wettbewerbsrecht ist jedoch wahrscheinlich, da der I. Zivilsenat auch seine frühere Rechtsauffassung auf wettbewerbsrechtliche Fälle ebenso anwandte, wie auf solche des Marken- und Urheberrechts. Dies dient auch dem „Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs“, welche ein weiterer Beweggrund für die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des I. Zivilsenats des BGH war. Das Urteil im Wortlaut finden Sie hier.