Wettbewerbsrecht – Handlungspflichten nach einer Unterlassungsanordnung

Das Kammergericht Berlin hat mit Beschluss vom 19.07.2019 – 5 W 122/19 die Pflichten des Unterlassungsschuldners nach Erlass einer auf das UWG gestützten gerichtlichen Untersagungsanordnung konkretisiert. Danach ist der Schuldner regelmäßig gehalten, auf seine Mitarbeiter durch Belehrungen und Anordnungen im jeweiligen konkreten Einzelfall entsprechend einzuwirken und deren Befolgung genau zu überwachen. Das Kammergericht führt insoweit aus:

“Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar für das selbstständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche oder auch nur tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat.

Insoweit reicht es zur Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung nicht aus, dass der Schuldner das von ihm beauftragte Vertriebsunternehmen über das Unterlassungsgebot schlicht informiert. Erforderlich ist auch insoweit, auf diese Personen durch Belehrungen und Anordnungen einzuwirken, auf die Nachteile aus einem Verstoß sowohl hinsichtlich des Dienstverhältnisses als auch der Zwangsvollstreckung deutlich hinzuweisen, Rückmeldungen anzuordnen und zu kontrollieren sowie Sanktionen für die Nichteinhaltung der Anordnung anzudrohen.Darüber hinaus muss die Anordnung auch streng überwacht und gegebenenfalls angedrohte Sanktionen wie Kündigungen auch verhängt werden, um die Durchsetzung von Anordnungen sicherzustellen”.

BGH: Unitymedia darf private Kunden-Router ohne vorherige Zustimmung als Hotspot nutzen

Es verstößt nach Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.04.2019 (I ZR 23/18) nicht gegen geltendes Wettbewerbsrecht, wenn ein Provider ein 2. WLAN-Signal auf dem Kunden zur Verfügung gestellten WLAN-Router ohne dessen vorherige Zustimmung aktiviert, soweit sichergestellt ist, dass

  • dem Kunden ein Widerspruchsrecht zusteht,
  • die Aktivierung den Internetzugang des jeweiligen Kunden nicht beeinträchtigt und
  • dem Kunden auch sonst hierdurch keine Nachteile entstehen.

Hintergrund

Unitymedia (hier: die Beklagte) bietet wie ebenfalls viele weitere Mitbewerber in der Telekommunikationsbranche den Kunden auf Wunsch neben den Internetanschlussleistungen kostenfrei WLAN-Router zur Verfügung, der gegen den unberechtigten Zugang Dritter durch eine mit Passwort geschützte Verschlüsselung gesichert ist. Der Router bleibt hierbei stets im Eigentum von Unitymedia.

Anfang 2016 informierte die Beklagte ihre Kunden darüber, dass sie zur Erstellung eines flächendeckenden WLAN-Netzes die Konfiguration der den Kunden zur Verfügung gestellten WLAN-Router dahingehend ändern muss, dass ein separates WLAN-Signal aktiviert werde, welches Dritten hierüber einen Zugang zum Internet ermögliche.

Die Klägerin (eine qualifizierte Einrichtung nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG), sieht in dieser Maßnahme eine unzumutbare Belästigung für die betroffenen Kunden (Verbraucher) und ebenso eine agressive Geschäftspraktik. Sie verlangt von der Beklagten Unterlassung der Aktivierung des separaten WLAN-Signals, wenn dies nicht mit den Verbrauchern vertraglich vereinbart wurde und diese hierzu kein Einverständnis erklärt haben.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) sah hierin keine Belästigung des Endkunden (Verbrauchers) im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 UWG.
Er stellt stattdessen fest:

  • Die vertraglich geschuldete Leistung (der Internetzugang) wird hierdurch nicht beeinträchigt
  • Die Verträge mit den Endkunden sehen kein ausschließliches Nutzungsrecht der im Eigentum der Beklagten stehenden Router vor
  • Der ungestörte Gebrauch des Routers durch den Endkunden wird weder durch die Aktivierung des 2. WLAN-Signals, noch durch dessen Betrieb beeinträchtigt

Der BGH erläuterte, dass die Aktivierung des 2. WLAN-Signals ein ausschließlich technischer Vorgang sei, der keine Nachteile für den Endkunden mit sich bringt. So wird auch der Internetzugang des Kunden hierdurch nicht gestört. Auch bestehen für eine Gefährdung der Sicherheit des Kunden oder etwaige Mehrkosten zu dessen Lasten keine Anhaltspunkte. Es bestehe ebenso wenig ein Risiko, für von Dritten über das 2. WLAN-Signal begangene Rechtsverletzungen zu haften.

Zuletzt spreche das zeitlich uneingeschränkte Widerspruchsrecht des Kunden gegen eine solche Belästigung gem. § 7 Abs. 1 S. 1 UWG. So können die Kunden der Nutzung durch Dritte über ein solches 2. WLAN-Signal jederzeit durch einen Widerspruch kurzfristig – spätestens zum übernachsten Werktag – beenden. Aus diesem Grunde liege auch keine “aggressive Geschäftspraktik” im Sinne des § 4a Abs. 1 UWG vor.

Der “kommerzielle Zweck” bei Instagram-Posts von sog. Influencern

Am 21. März 2019 urteilte das Landgericht Karlsruhe (Az. 13 O 38/18) in einem Rechtsstreit rund um die Rechtsfrage, wann Instagram-Posts tatsächlich privat sind bzw. wann diesen ein kommerzieller Zweck zugrunde liegt, so dass es sich ggf. um “Schleichwerbung” handeln kann.

Der Rechtsstreit drehte sich um die “Influencerin” Pamela Reif, die vorgab, ihre Posts bei Instagram lediglich zu privaten Zwecken hochgeladen zu haben, darin jedoch für verschiedene Produkte warb.

Das Landgericht erteilte dieser Argumentation hingegen eine klare Absage und erklärte, dass ihr Geschäftsmodell darauf basiere, privat und geschäftlich zu vermischen. Denn umso stärker eine “Influencerin” bei Instagram vernetzt sei, desto höher sei ihr Werbewert. Pamela Reif besitzt 4,1 Millionen Follower.

Somit muss sie fortan Links zu den Markenherstellern in ihren Instagram-Posts /-Fotos als Werbung kennzeichnen. Sonst handele es sich um sog. “Schleichwerbung”, die gegen geltendes Recht verstößt. Der “kommerzielle Zweck muss kenntlich gemacht werden” heisst es seitens des Landgerichts. Denn die überwiegend jungen Follower seien leicht zu beeinflussen und müssten entsprechend geschützt werden. Wer dem nicht nachkommt, verstößt gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 5a Abs. 6 UWG).