WIPO Cybersquatting Fälle erreichen 2018 einen neuen Rekord

Wie die WIPO kürzlich bestätigt hat, war 2018 ein Rekordjahr für Domainstreitigkeiten.

Nach letzter Zählung reichten Markeninhaber 3.447 Beschwerden bei der WIPO im Rahmen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) ein. Das ist ein Plus von mehr als 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr, das ebenfalls bereits einen Rekord aufgestellt hatte.

Die WIPO führte ihre große Zahl von Streitigkeiten über Domainnamen zum Teil auf “die Verbreitung von Websites, die für gefälschte Verkäufe, Betrug, Phishing und andere Formen des Online-Markenmissbrauchs genutzt werden”.

Interessanterweise sank die Gesamtzahl der umstrittenen Domainnamen von 6.371 auf 5.655, was die durchschnittliche Anzahl der Domainnamen pro Beschwerde von 2,07 auf 1,64 reduzierte. (Eine einzige Beschwerde kann mehrere Domainnamen beinhalten, wenn sie “von demselben Domainnameninhaber registriert” sind.) Der Rückgang könnte auf die Allgemeine Datenschutzverordnung (GDPR) der Europäischen Union zurückzuführen sein, die es für Markeninhaber schwieriger gemacht hat, einige Domain-Namen-Registranten zu identifizieren.

Es überrascht nicht, dass .com nach wie vor die bei Domaingrabbern mit Abstand beliebteste TLD ist. Ãœber 72 %  aller Cybersquatting Verfahren betrafen .com Domains, die damit  die bei Weitem umstrittensten Domainnamen stellten.

Philip Morris blieb der aktivste Einreicher von UDRP-Beschwerden und erhöhte die Zahl der von ihm eingeleiteten Fälle von 91 auf 129.

Die von den Markeninhabern in UDRP-Streitigkeiten am häufigsten vertretenen Industrien sind Banken und Finanzen, Biotechnologie und Pharmazie, Internet und IT, Mode, Schwerindustrie und Maschinen, Einzelhandel, Unterhaltung, Hotels und Reisen, Lebensmittel, Getränke und Restaurants sowie Elektronik.

Die Daten der WIPO liefern nur ein begrenztes Bild von Streitigkeiten um Domainnamen, sind aber wahrscheinlich ein recht genauer Indikator für die allgemeine Entwicklung, da die WIPO der größte der derzeit fünf UDRP-Dienstleister ist.

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Werktitelschutz von Smartphone-Apps (“wetter.de”)

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28. Januar 2015 – I ZR 202/14 – entschieden, dass Apps für mobile Endgeräte wie Smartphones grundsätzlich Werktitelschutz genießen können.

Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen “wetter.de” eine Internetseite, auf der sie ortsspezifisch aufbereitete Wetterdaten und weitere Informationen über das Thema Wetter zum Abruf bereithält. Seit 2009 bietet sie entsprechende Informationen auch über eine Applikation (nachfolgend “App”) für Mobilgeräte (Smartphones und Tablet-Computer) unter der Bezeichnung “wetter.de” an.

Die Beklagte ist Inhaberin der Domainnamen “wetter.at” und “wetter-deutschland.com”, unten denen sie im Internet ebenfalls Wetterdaten zur Verfügung stellt. Seit Ende 2011 betreibt sie zudem eine App mit entsprechenden Inhalten unter den Bezeichnungen “wetter DE”, “wetter-de” und “wetter-DE”.

Die Klägerin beanstandet die Benutzung der Bezeichnungen der Beklagten für deren Wetter-App als eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte an dem Domainnamen “wetter.de” und der entsprechenden Bezeichnung der von ihr betriebenen App. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts eingelegte Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof jetzt zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass Domainnamen von Internetangeboten sowie Apps für Mobilgeräte zwar titelschutzfähige Werke im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG* sein können. Der Bezeichnung “wetter.de” komme aber keine für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG hinreichende originäre Unterscheidungskraft zu. Unterscheidungskraft fehlt einem Werktitel, wenn sich dieser nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft. So liegt es im Streitfall. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Bezeichnung “wetter.de” für eine Internetseite und für Apps, auf denen Wetterinformationen zu Deutschland angeboten werden, glatt beschreibend ist.

Allerdings sind in bestimmten Fällen nur geringe Anforderungen an den erforderlichen Grad der Unterscheidungskraft zu stellen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Werke mit beschreibenden Bezeichnungen gekennzeichnet werden und dass er deshalb auch auf feine Unterschiede in den Bezeichnungen achten wird. Ein derart abgesenkter Maßstab ist von der Rechtsprechung insbesondere für den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften anerkannt, die seit jeher mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden. Diese Grundsätze sind jedoch nicht auf den Bereich der Bezeichnung von Internetseiten und Smartphone-Apps übertragbar.

Die Bezeichnung “wetter.de” genießt auch keinen Werktitelschutz unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung. Zwar kann eine fehlende originäre Unterscheidungskraft auch bei Werktiteln durch Verkehrsgeltung überwunden werden. Die Klägerin hat aber nicht belegt, dass sich die Bezeichnung innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise als Werktitel durchgesetzt hat. Angesichts des glatt beschreibenden Charakters der Bezeichnung “wetter.de” kann die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 % angesetzt werden. Dass mehr als die Hälfte der angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung “wetter.de” einen Hinweis auf eine bestimmte Internetseite mit Wetterinformationen sehen, ergab sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Verkehrsgutachten nicht.

Vorinstanzen:

LG K̦ln РUrteil vom 10. Dezember 2013 Р33 O 83/13

OLG K̦ln РUrteil vom 5. September 2014 Р6 U 205/13 (GRUR 2014, 1111).

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2016

 

* § 5 MarkenG lautet:

(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

BGH zur Zulässigkeit einer Parodie einer bekannten Marke (“Springender Pudel”)

Der für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Inhaber einer bekannten Marke die Löschung einer Marke verlangen kann, die sich in ihrem Gesamterscheinungsbild in Form einer Parodie an seine Marke anlehnt.

Die Klägerin ist eine führende Herstellerin von Sportartikeln. Sie ist Inhaberin der bekannten deutschen Wort-Bild-Marke mit dem Schriftzug “PUMA” und dem Umriss einer springenden Raubkatze. Das Zeichen wird auf Sportbekleidung verwendet. Der Beklagte ist Inhaber einer prioritätsjüngeren deutschen Wort-Bild-Marke, die aus dem Schriftzug “PUDEL” und dem Umriss eines springenden Pudels besteht und seit Anfang 2006 unter anderem für Bekleidungsstücke sowie T-Shirts registriert ist.

Die Klägerin sieht in der Eintragung dieser Marke eine Verletzung ihres Markenrechts.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Einwilligung in die Löschung seiner Marke verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt. Er hat angenommen, dass die beiden Zeichen trotz der unübersehbaren Unterschiede im Sinne des Markenrechts einander ähnlich sind. Zwar ist die Ähnlichkeit der Zeichen nicht so groß, dass dadurch eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG* besteht. Der Beklagte nutzt mit seinem Zeichen die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der bekannten Marke der Klägerin im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG aus. Er profitiert von der Ähnlichkeit der beiden Marken und erlangt dadurch eine Aufmerksamkeit, die er für seine mit der Marke gekennzeichneten Produkte ansonsten nicht erhielte. Der Inhaber einer bekannten Marke kann die Löschung einer Marke auch dann verlangen, wenn keine Verwechslungsgefahr vorliegt, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken jedoch so groß ist, dass die beteiligten Verkehrskreise sie gedanklich miteinander verknüpfen. Gegenüber dem Recht aus der bekannten Marke kann sich der Beklagte zur Rechtfertigung nicht mit Erfolg auf die Grundrechte auf freie künstlerische Betätigung oder auf freie Meinungsäußerung berufen. Seine Rechte müssen gegenüber dem ebenfalls durch die Verfassung geschützten Markenrecht der Klägerin zurücktreten, weil der Grundrechtsschutz dem Beklagten nicht die Möglichkeit einräumt, ein eigenes Markenrecht für identische oder ähnliche Waren eintragen zu lassen.

Urteil vom 2. April 2015 – I ZR 59/13 – Springender Pudel

* § 9 MarkenG

(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,

1. …

2.

wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, oder

3.

wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch oder dieser ähnlich ist … , falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 02.04.2015